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Baumängel Verjährung und Fristen in der Schweiz

17.08.2022 | 9 min Lesedauer | Written by Thomas Lehner

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Welche Gesetze und Fristen gelten um die Verjährung von Baumängeln in der Schweiz? In diesem Artikel erklären wir Ihnen, was genau als Baumangel gilt, wer haftet, welche Fristen gelten und vieles mehr.Dieser Beitrag umfasst die folgenden Themen:

 

  • Was ist ein Baumangel?
  • Wer haftet für einen Baumangel?
  • Welche Regelwerke sind relevant und was besagen sie? (SIA 118, Obligationenrecht Artikel 371)
  • Wann verjährt ein Baumangel in der Schweiz?
  • Wann verjährt ein verdeckter Baumangel in der Schweiz?
  • Wie sieht die Situation bei verdeckten Baumängeln aus?
  • Was geschieht bei arglistig verschwiegenen Baumängeln?
  • Was gibt es bei der Meldung eines Baumangels zu beachten?

Übersicht Baumängel Verjährung und Baumängel Fristen in der Schweiz

Was ist ein Baumangel?

Wie es der Name bereits vermuten lässt, sind Baumängel Fehler, welche während des Baus aufgetreten sind. Hat der Auftraggeber also für eine Bauleistung bezahlt und diese wurde nicht, oder fehlerhaft, ausgeführt, handelt es sich um einen Baumangel. In der Schweiz häufig auftretende Baumängel sind die Verwendung von falschen oder qualitativ minderwertigen Materialien, Fehler in der Struktur des Gebäudes, schräge Wände oder Böden, eine falsche Verkabelung der Elektrik oder fehlerbehaftete sanitäre Anlagen. In den meisten Fällen treten Baumängel versehentlich auf. Eine mangelhafte Kommunikation, ungewöhnliche Bauprojekte, unqualifizierte Mitarbeitende und die Zusammenarbeit mit vielen Subunternehmern können das Risiko für Baumängel erhöhen. Doch es werden auch immer wieder Fälle von absichtlichen Baumängeln bekannt. Auftragnehmer oder Subunternehmer bauen hierbei vorsätzlich minderwertige Materialien ein oder vertuschen Fehler absichtlich. In diesen Fällen spricht man von Baupfusch. Baupfusch resultiert daher immer auch gleich in einem Baumangel, ein Baumangel hingegen ist nicht immer zwingend auf Baupfusch zurückzuführen.

Die offizielle Definition eines Baumangels lautet gemäß schweizer Lehrbuch der WEKA wie folgt: “Ein Baumangel liegt immer dann vor, wenn der Ist-Zustand des Bauwerks nicht dem vertraglich vereinbarten Soll-Zustand entspricht und es ihm damit an einer Eigenschaft fehlt, die es nach Inhalt des Vertrags haben sollte.”

Baumängel können durch den Auftraggeber, durch den Generalunternehmer oder durch den Architekten gemeldet werden. Wie das genau funktioniert, welche Fristen dabei zur Verfügung stehen und wer schlussendlich haftet, erfahren Sie weiter unten in diesem Beitrag.

Wer haftet in der Schweiz für einen Baumangel?

Mängel lassen sich bei keinem Bauvorhaben zur Gänze vermeiden. Da ist es wichtig und richtig, dass das Gesetz hier klar vorschreibt, wer im Falle eines Baumangels die Verantwortung trägt.

Entdecken Sie nach der Bauabnahme Mängel an Ihrem Bau, dann können Sie, der Generalunternehmer oder der Architekt die zuständigen Handwerker rügen. Jetzt liegt der Ball beim Handwerker, welcher die Haftung für eine ordentliche Ausführung der erworbenen Baudienstleistungen trägt. Gemäß dem Schweizerischen Obligationsrecht (OR) hat der Handwerker nun drei Möglichkeiten, wie er vorgehen kann:

Nachbesserung
Der Handwerker kann sich dazu entscheiden, den Mangel zu beheben. Er bessert die entsprechende Problemstelle kostenlos aus, bis diese der bestellten Qualität entspricht. Besonders bei kleineren Mängeln ist dies bei beiden Parteien, die beliebteste Option.

Preisnachlass
Wenn der Handwerker die Ausbesserung nicht selber ausführen möchte oder kann, muss er dem Auftraggeber einen Preisnachlass gewähren. Die Höhe dieses Preisnachlasses richtet sich in der Regel danach, wie teuer die Ausbesserung auf dem Markt etwa kosten würde.

Wandlung
Wenn für Sie als Bauherr das Bauwerk unbrauchbar ist, bzw. seinen Zweck nicht erfüllt und eine Verbesserung nur über einen Neubau möglich wäre, kann der Handwerker eine Wandlung mit Ihnen vereinbaren. Eine Wandlung ist nur möglich, wenn ein Rückbau realistisch machbar ist. Diese Option wird in der Schweiz viel weniger gewählt als die Option einer Nachbesserung oder eines Preisnachlasses.

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Welche Regelwerke sind in der Schweiz in Bezug auf Baumängel relevant?

Der Gesetzgeber kennt klare Vorgaben, welche im Falle eines Baumangels gelten. Je nach Vertrag kommen aber unterschiedliche Regelwerke zur Anwendung.

Es handelt sich dabei um

  • Obligationenrecht Artikel 371 – Wurde nichts anderes bestimmt, kommt der Artikel 371 des OR zur Anwendung.
  • SIA 118 – Obwohl das Werksvertragsrecht hierzulande im OR geregelt ist, wird die Praxis heutzutage vor allem durch die SIA-Norm 118 “Allgemeine Bedingungen für Bauarbeiten” bestimmt. Die SIA 118 findet dann Anwendung, wenn beide Vertragsparteien die Übernahme der SIA Norm 118 ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart haben. Viele Baufirmen verweisen in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen auf die SIA Norm 118, wodurch ihre Anwendung verbindlich wird. Gegenüber dem OR sind Sie als Auftraggeber im Bereich Baumängel im SIA 118 bessergestellt. Hier wird die Beweislast nämlich umgekehrt. Nicht der Auftraggeber muss beweisen, dass Baumängel vorliegen, sondern der Auftragnehmer muss beweisen, dass keine Mängel vorliegen. Die SIA umfasst zudem die Garantieleistungen, welche durch Bürgschaften von Banken oder Versicherungen in der Höhe von 5 bis 10 Prozent der Auftragssumme gedeckt werden.

Wann verjährt ein Baumangel in der Schweiz?

Gemäß Obligationenrecht Artikel 371 verjähren Baumängel in der Schweiz nach 5 bis 10 Jahren, egal ob Sie verdeckt waren oder nicht. Auch gemäß SIA Norm 118 gelten im Normalfall 5 Jahre und bei absichtlich vertuschten Mängeln 10 Jahre.

Wann verjährt ein verdeckter Mangel in der Schweiz?

Verdeckte Baumängel verjähren in der Schweiz nach 5 Jahren. Wichtig: In der Schweiz trat das revidierte Verjährungsrecht in Kraft, welches unter anderem die Fristen der Verjährung von Mängeln neu auslegt. Die Änderungen der Verjährungsfristen beziehen sich jedoch nur auf den Fall, dass durch den Mangel Schäden entstanden sind. Wenn Sie aufgrund des Mangels Schadenersatz geltend machen wollen, haben Sie nun drei Jahre, statt nur ein Jahr zur Verfügung. Wenn eine Person aufgrund des Schadens verletzt wurde oder das Leben verlor, haben Sie seit dem Januar des Jahres 2022 sogar 10 Jahre Zeit.

Betreffend Verjährungen im Werkvertragsrecht brachte das revidierte Verjährungsrecht allerdings keine Neuerungen. Gemäß OR liegt die Frist bei unbeweglichen Gegenständen weiterhin bei fünf Jahren und bei beweglichen Werken bei zwei Jahre. Wurde ein Mangel absichtlich vertuscht, kommt gemäß OR eine zehnjährige Frist zur Anwendung.

Was gilt als verdeckter Baumängeln in der Schweiz?

Verdeckte Mängel werden meist erst Wochen, Monate oder sogar Jahre nach der Bauübernahme entdeckt. Beispiele für verdeckte Mängel sind zum Beispiel minderwertige Lacks, welche nach einigen Monaten bereits abbröckeln, falsche Isolationsmaterialien, wodurch im Winter mehr Wärme entweicht oder die Verwendung von Asbest, welches in der Schweiz schon seit 1989 verboten ist.

Allerdings muss bezüglich der Fristen nicht darauf geachtet werden, ob ein Mangel offen oder verdeckt ist. Weder das OR noch die SIA Norm 118 kennt bei den Verjährungsfristen von Baumängeln einen Unterschied zwischen offenen und verdeckten Mängeln. Allerdings sind die Rügefristen gemäß SIA Norm 118 im Falle von offenen Mängeln nicht auf unverzüglicher Basis. Wird ein Mangel erst zwei bis fünf Jahre nach Abnahme entdeckt, spricht die SIA Norm 118 von verdeckten Mängeln, welche unverzüglich gemeldet werden müssen. Nach OR hingegen müssen Mängel in jeden Fall unverzüglich gemeldet werden, egal ob es sich um einen offenen oder um einen verdeckten Mangel handelt.

Was geschieht bei arglistig verschwiegenen Baumängeln?

Baumängel sind Teil des Baugeschäfts und können praktisch nicht vermieden werden. Auch für die Baufirmen und für die Handwerker sind Baumängel keine angenehme Angelegenheit. Baumängel sind teuer und schaden dem Ruf der Unternehmung oder des Dienstleisters. Professionelle Auftragnehmer setzen daher alles daran, Baumängel so stark wie möglich zu vermeiden. Die meisten Baumängel in der Schweiz entstehen daher auch nicht vorsätzlich. Dennoch gibt es dubiose Auftragnehmer und Subunternehmer, welche Mängel absichtlich in Kauf nehmen. In diesem Fall spricht man von Baupfusch. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die Bauqualität absichtlich schlechter ausfällt als vereinbart, um Kosten zu sparen. Teilweise werden auch unabsichtliche Mängel vorsätzlich vertuscht, damit der Bauherr diese nicht, oder erst zu spät, entdeckt.

Um arglistigen Baumängeln vorzubeugen, ist das Gesetz hier strenger als bei “gewöhnlichen” Baumängeln. Steht fest, dass ein Mangel absichtlich vertuscht wurde, kommt, statt der fünfjährigen, eine zehnjährige Verjährungsfrist zur Anwendung. Dies trifft sowohl auf Werkverträge gemäß SIA 118, als auch auf Werkverträge gemäß OR zu.

Was gibt es bei der Meldung eines Baumangels zu beachten?

Wenn Sie als Bauherr einen Baumangel entdecken, haben Sie das Anrecht darauf, dass der Mangel behoben wird, bzw. dass Sie für den Mangel entschädigt werden. Doch wie genau müssen Sie vorgehen, um einen Mangel zu melden? Das erfahren Sie hier:

OR oder SIA Norm 118
Zuerst müssen Sie abklären, ob das OR oder die SIA Norm 118 für Ihren Fall anwendbar ist. Falls im Bauvertrag oder in den allgemeinen Geschäftsbedingungen nichts anders festgehalten wurde, kommt das Obligationsrecht zur Anwendung. Heutzutage wird aber in der Regel die SIA Norm 118 übernommen. Wenn Sie den Mangel bereits bei der Abnahme entdecken, müssen Sie diesen sowohl nach OR, als auch gemäß SIA Norm 118 sofort rügen. Gemäß OR müssen auch später entdeckte Mängel innerhalb der Verjährungsfrist direkt nach dem Entdecken gerügt werden. Die SIA Norm 118 hingegen gewährt Ihnen als Bauherr eine Rügefrist von 2 Jahren. Versteckte Mängel, welche später als zwei Jahre nach Bauübernahme entdeckt werden, müssen Sie ebenfalls direkt melden. Die Verjährungsfrist beträgt aber auch gemäß SIA Norm 118, sowohl bei verdeckten, als auch bei offenen Mängeln, fünf Jahre. Allerdings kehrt die SIA Norm 118, im Gegensatz zum OR, die Beweislast um. Der Handwerker muss also beweisen, dass kein Mangel vorliegt und nicht umgekehrt.

Handwerker informieren
Informieren Sie den Handwerker, über den Mangel, welcher Sie entdeckt haben. Bei einer Mängelrüge nach OR muss dies unverzüglich geschehen. Gemäß SIA Norm 118 muss die Mängelrüge erst unverzüglich erfolgen, wenn die Bauabnahme mehr als zwei Jahre zurückliegt. Die Mängelrüge an den Handwerker sollten Sie schriftlich und per eingeschriebener Post übermitteln. Setzen Sie in Ihrem Schreiben eine Frist, innerhalb welcher der Mangel behoben werden soll. Vergessen Sie nicht: Falls Sie in Ihrem Vertrag nicht anderes vereinbart haben, kommt das OR zur Anwendung. Das bedeutet, dass Sie den Mangel mit ausreichend Beweismittel versehen müssen.

Fazit

Obwohl es Möglichkeiten gibt, das Risiko von Baumängeln zu verringern, so treten sie hierzulande dennoch äußerst häufig auf. Als Baumangel werden Fehler bezeichnet, welche während des Baus oder während eines Umbaus entstanden sind. Wird eine vereinbarte Leistung auf dem Bau nicht oder nur mangelhaft erfüllt, ist dementsprechend von einem Baumangel die Rede. Der Gesetzgeber unterscheidet sowohl zwischen offenen, verdeckten, als auch zwischen arglistig verschwiegenen Mängeln.

Wenn Sie als Auftraggeber einen Mangel entdecken, müssen Sie, der Generalunternehmer oder der Architekt diesen Mangel dem verantwortlichen Handwerker melden. Der entsprechende Handwerker kann dann entweder den Mangel kostenlos beheben, Ihnen einen Preisnachlass gewähren, oder eine Wandlung mit Ihnen vereinbaren. Je nachdem, was im Bauvertrag, oder stillschweigend in den AGB vereinbart wurde, werden unterschiedliche Regelwerke angewandt. Wurde nichts anderes vereinbart, kommt das OR zum Zuge, andernfalls die SIA Norm 118, welche die Beweislast umkehrt. Mängel müssen Sie gemäß OR direkt nach der Entdeckung melden. Wurde die SIA Norm 118 übernommen, haben Sie in den ersten zwei Jahren allerdings keine Frist, um Mängelrüge einzureichen. Die Verjährungsfristen der Mängel unterscheiden sich jedoch nicht und gelten bei unbeweglichen Werken sowohl gemäß OR als auch gemäß SIA Norm 118 für fünf Jahre. Die einzige Ausnahme hierbei sind arglistige Mängel, welche erst nach 10 Jahren verjähren.

Auf den ersten Blick wirken die Vorgaben kompliziert und abschreckend. Bei genauerem Betrachten merken Sie jedoch schon bald, dass alles relativ logisch und klar definiert ist. Dank OR, bzw. dank SIA Norm 118 herrscht auch im Falle von Baumängeln, Klarheit.

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