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Beweissicherungsverfahren Baumängel – So geht’s richtig!

27.11.2019 | 6 min Lesedauer | Written by Thomas Lehner

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Die Beweissicherung von Baumängeln erfolgt durch ein sogenanntes selbständiges Beweisverfahren. Der Sinn dieses Verfahrens ist die Feststellung von Baumängeln vor, während oder nach der Bauabnahme. Das Ziel der Beweissicherung kann jedoch unterschiedlicher Natur sein: Die Verhinderung von Beweisverlusten, eine gerichtliche Feststellung, die Hemmung von Verjährungsfristen, oder auch die Vermeidung eines Rechtsstreits (Vergleich). In diesem Artikel erfahren Sie alles Wichtige zum Ablauf und worauf Sie dabei achten sollten.

Aufbau des Beitrags:

  • Das gerichtliche Beweissicherungsverfahren als Beweisgrundlage
  • Die 8 Schritte der selbständigen Beweissicherung
  • Geld sparen – Kosten für ein selbstständiges Beweisverfahren
  • 5 Tipps für Antragsteller und Antragsgegner


Ablauf selbstständiges Beweissicherungsverfahren - Beweissicherung Baumängel

 

Das gerichtliche Beweissicherungsverfahren als Beweisgrundlage

Der Ausgang eines selbständigen Beweisverfahrens ist kein gerichtliches Urteil. Vielmehr erhalten beide Parteien – Auftraggeber und Auftragsgegner – ein schriftliches Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen (bspw. Architekt und Bauingenieur). Diese Beurteilung enthält eine Tatsachenfeststellung über den Schadensfall und einen ermittelten Streitwert. Sollte es in späterer Folge zu einem Rechtsstreit kommen, so hat dieses Dokument vor Gericht eine starke Beweiskraft. Beide Parteien sind an das Gutachten gebunden, können sich im Fall eines Hauptsacheverfahrens nach § 487 der Zivilprozessordnung ZPO jedoch darauf berufen und tragen bei Gegenbehauptungen die 100%ige Beweislast. Ein selbstständiges Beweisverfahren sorgt für die Hemmung der Verjährung, also den Stillstand der Verjährungsfrist nach § 204 Abs. 1 Nr. 7 des Bundesgesetzbuches BGB.

Das Verfahren beantragt der Auftraggeber bei dem Gericht, welches auch für den Hauptprozess verantwortlich wäre. Den Antrag auf Beweissicherung kann man persönlich beim Gericht stellen – spätestens bei der mündlichen Verhandlung benötigen beide Parteien eine Vertretung durch einen Anwalt.

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Beweissicherung Baumängel – Ablauf des selbstständigen Beweisverfahrens in 8 Schritten

Ein selbstständiges Beweisverfahren kann zu jeder Zeit während oder nach einem Bauvorhaben eingereicht werden. Es unterteilt sich in die folgenden Abschnitte:

  1. Selbstständiges Beweisverfahren vor Gericht beantragen

Der Antragsteller muss vor Einreichung sicherstellen, dass ein selbstständiges Beweisverfahren gemäß § 487 Abs. 2 ZPO ausreichend begründet werden kann. Zu diesem Zweck werden im Antrag Beweisfragen und Antworten formuliert, die den zu überprüfenden Sachverhalt und die dafür zu berücksichtigenden Beweismittel darstellen.

Die Beweisfragen sollten nach folgendem Schema formuliert werden:

„Entspricht der Ist-Zustand dem Soll-Zustand?“

Beispiel: „Entspricht die bestehende Ausführung der Löschmaßnahmen im Gebäude den Anforderungen gemäß Brandschutzordnung Teil C nach DIN 14096?“

Antwort: Ja / nein – inklusive weiterführende Angaben, gegen welche Regel, Norm, Vorgabe, etc.  verstoßen oder nicht verstoßen wurde.

  1. Antragsbewilligung zur Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens durch das Gericht

Das Gericht prüft die Zulässigkeit des Antrags. Nachdem das Gericht den Antrag für ein selbstständiges Beweisverfahren bewilligt und den Gutachter (Sachverständigen) bestellt hat, ist dieser dem Gericht zur Erbringung eines Gutachtens verpflichtet. Darin nimmt der Sachverständige Stellung zu den im Antrag gestellten Beweisfragen.

  1. Kompetenzprüfung durch den Gutachter

Nach der Beauftragung für ein gerichtliches Beweissicherungsverfahren muss der Sachverständige prüfen, ob er über die notwendige Fachkompetenz zur Erstellung eines Gutachtens verfügt. Der Auftraggeber – oft Bauherr oder Unternehmer – sollte an dieser Stelle die Vorgehensweise der Beweissicherung mit dem Sachverständigen abklären. Die Judikatur verlangt vom Gutachter die Aufklärung des Antragsstellers zu alternativen Methoden der Beweissicherung, die Einleitung angemessener Maßnahmen und gegebenenfalls das Bestellen eines Anwalts bei Fragen zum Baurecht.

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  1. Der Ortstermin – Beweisaufnahme und Beweiskraft

Zur Erhebung von Tatsachen werden ein oder mehrere Ortstermine zum Zwecke der Begutachtung durchgeführt, zu dem beide Parteien vom Gerichtsgutachter geladen werden. Weitere Personen, wie zum Beispiel ein Anwalt, dürfen nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Parteien an der Begutachtung teilnehmen. In der Regel erfolgt die Ladung rund zwei Wochen vor der Besichtigung. Die Befundaufnahme der Baumängel vor Ort sollte durch den Gutachter möglichst präzise erfolgen, da alle erstellten Unterlagen, wie Fotos, Sprachnotizen, Schriftverkehr und Pläne, dem Gutachten angehängt werden und Aussagekraft vor Gericht haben sollen. Falls er die Notwendigkeit dazu sieht, kann der Gutachter Baumängel auch unter Einbezug externer Labors untersuchen lassen.

LESETIPP: Worauf Sie bei der Beweissicherung bei Bauvorhaben achten sollten.

Achten Sie bei der Beweissicherung auf eine so präzise Beschreibung wie möglich! Angaben wie „mehrere große Löcher in der Wand“ reichen definitiv nicht aus. Erfolgen nach den Ortsterminen weitere Baumaßnahmen, so ist die Beweissicherung dieses Schadens gar nicht, oder nur unter unverhältnismäßigem Aufwand, reproduzierbar.

  1. Erstellung eines schriftlichen Gutachtens

Im Anschluss verfasst der Sachverständige ein Gutachten. Dieser Prozess nimmt üblicherweise mehrere Wochen bis Monate in Anspruch. Die Qualität des Endberichtes hängt eng mit den fachlichen Kompetenzen des Sachverständigen zusammen. In der Beurteilung beschreibt der Sachverständige die angewandten Methoden zur Tatsachenerhebung und legt die Ergebnisse seiner Untersuchungen dar.

  1. Stellungnahme zum Gutachten eines Beweissicherungsverfahrens durch Parteien

Liegt die Bewertung der Tatsachen vor, können beide Parteien gegebenenfalls Ergänzungsfragen formulieren oder Ergänzungsgutachten einfordern. Ergänzungsfragen und Ergänzungsgutachten dienen zur Beantwortung neu aufgekommener Sachverhalte oder um bestimmte Gegebenheiten noch ausführlicher zu erörtern. Sie bauen immer auf dem bestehenden Gutachten auf.

  1. Vorstellung der Ergebnisse vor Gericht

Der Sachverständige stellt die Ergebnisse seiner Untersuchungen vor Gericht vor und erläutert Details zum Verfahren.

  1. Ende des selbstständigen Beweisverfahrens

Das selbstständige Beweisverfahren endet, wenn die Ergebnisse den beiden Parteien vorliegen. Auf Basis des Gutachtens können weitere Schritte folgen: Vergleiche, Nachbesserungen, Klageerhebungen, oder Kostenerstattungen.

Kosten für ein selbstständiges Beweisverfahren

Beim selbstständigen Beweisverfahren fallen folgende Kosten an:

  • Eine Gerichtsgebühr, die in Form eines Vorschusses zu entrichten ist
  • Die Spesen für die Leistungen des Sachverständigen, welche sich aus dessen Honorargruppe und dem Leistungsumfang im Zuge des gerichtlichen Beweissicherungsverfahrens ergeben. Dazu zählen auch Fahrtkosten und Nebenkosten wie Schreibgebühren, oder für Hilfskräfte inklusive Mehrwertsteuer.

 

Meist fällt die gerichtliche Entscheidung, wer die Aufwendungen für den Gutachter zu tragen hat, erst im Zuge des Hauptsacheverfahrens und nicht im selbständigen Beweisverfahren. Ausnahmen sind zum Beispiel, wenn der Antragsteller aufgrund der Erkenntnisse des Gutachtens von einem Hauptsacheverfahren absieht. Dann erfolgt die Kostenentscheidung zu seinen Lasten.

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Selbstständiges Beweisverfahren: Kosten im Hauptsacheverfahren sparen mit PlanRadar

Mit der Software PlanRadar erleichtern Sie die Arbeit des Gutachters und sparen so Kosten für ein eventuelles Hauptsacheverfahren. Schon während des Bauprozesses können Sie (oder der Bauleiter) über die App eine Mängel- und Beweissicherung vornehmen. Dazu werden Sachverhalte als Tickets auf digitalen Bauplänen erfasst, mit weiteren Informationen wie Text, Bildern oder Sprachnotizen versehen und an Projektteilnehmer, wie zum Beispiel Subunternehmer weitergeleitet. Jeder Mangel, sowie die gesamte Kommunikationshistorie, werden zentral in der Plattform gespeichert und können bei Bedarf per Knopfdruck exportiert werden. Ist während oder nach dem Bauvorhaben ein selbstständiges Beweissicherungsverfahren zur Klärung von Sachverhalten notwendig, profitieren Sie mit PlanRadar von mehreren Vorteilen:

  • Die automatisierte Baudokumentation verhindert durch frühzeitige die Mängel- und Beweisaufnahme den Verlust von Beweisen
  • Alle Daten können inklusive Fotos, Memos, Text, Zeichnung und der Kommunikation sämtlicher am Bauprozess beteiligten Personen jederzeit exportiert werden
  • Geringerer Zeit- und Kostenaufwand im Zuge des selbstständigen Beweissicherungsverfahrens für den Gutachter durch bereits erfolgte Beweissicherung (der Regelstundensatz eines Gutachters beginnt bei 65€ und kann ein Vielfaches davon betragen)
  • Bereits vorhandene Gutachten-Anlagen
  • Um bis zu 7 Stunden pro Woche ersparte Arbeitszeit jedes PlanRadar Nutzers während der Bauphase und somit geringere Baukosten bei erhöhter Bauqualität

5 Tipps zur selbstständigen Beweissicherung

  • Als Beweismittel zur Gutachtenerstellung gelten auch Zeugenaussagen
  • Ein selbständiges Beweissicherungsverfahren soll die Beweisaufnahme im Hauptverfahren ersetzen, weshalb die Herangehensweise des Verfahrens gründlich überlegt sein sollte
  • Beide Parteien können eine Befragung des Gutachters beantragen, um auf im Gutachten geschilderte Sachverhalte genauer einzugehen und zu ihrem Vorteil zu kehren
  • Privatgutachten zu einem Mangel oder Baufehlern sind günstiger und schneller durchführbar als gerichtliche Gutachten und reichen in den meisten Fällen für eine außergerichtliche Einigung (Vergleich)
  • Allerdings kommen Privatgutachten im Streitfall vor Gericht eine schwächere Beweiskraft zu und sie können keine Hemmung der Verjährung erwirken (Gewährleistungsphase)

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PlanRadar wird weltweit von über 20.000 Anwendern und Anwenderinnen in 43 Ländern für verschiedenste Zwecke verwendet. Das Tool kommt sowohl als Unterstützung bei selbstständigen Beweissicherungsverfahren, als auch für andere Tätigkeiten, wie zum Beispiel Due-Dilligence-Prozessen, für die reibungslose Kommunikation auf dem Bau oder als Bautagebuch zum Einsatz.

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