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Beweissicherung vor Baubeginn – Wichtigste Fragen & Antworten

30.04.2024 | 9 min Lesedauer | Written by Thomas Lehner

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Die Beweissicherung vor Baubeginn ist essenziell, wenn es um die spätere Vermeidung von Streitfällen bei Schäden geht. Wie der Ablauf aussieht, rechtliche Hintergründe, und was Sie bei der Beweissicherung sonst noch alles berücksichtigen müssen, erfahren Sie hier.

Inhalt

  • Was ist die Beweissicherung vor Baubeginn?
  • Ist die Beweissicherung auf der Baustelle Pflicht?
  • Rechtliche Grundlagen
  • Umfang und Ablauf der Beweissicherung bei Bauprojekten
  • Wer ist in die Beweissicherung auf der Baustelle involviert?
  • Beweissicherung am Nachbargebäude: Alle Fakten
  • Wie Sie die Software PlanRadar bei der Bestandsaufnahme am Bau unterstützt

 


Nicht nur im Tiefbau wichtig: Beweissicherung vor Baubeginn

Was ist die Beweissicherung vor Baubeginn?

Laut Definition dient die Beweissicherung vor Baubeginn der Erhebung des IST-Zustandes vor dem Start eines Bauvorhabens. Durch die möglichst genaue Erfassung von Sachverhalten trägt sie zur raschen Klärung im Fall von Unklarheiten oder Streitfällen (zum Beispiel bei auftretenden Schäden oder Mängeln) bei.

Ist die Beweissicherung vor Baubeginn Pflicht?

Die Beweissicherung bei Bauprojekten ist in Deutschland verpflichtend. Nach §3 VOB/B (Vergabe- und Vertragsordnung – Teil B) hat die Dokumentation im „notwendigen“ Rahmen zu erfolgen. Ihr Inhalt ist sowohl von Auftraggeber und Auftragnehmer anzuerkennen. Eine umfassende Aufzeichnung des IST-Zustandes ist in jedem Fall angeraten.

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Welche anderen rechtlichen Grundlagen gibt es für die Beweissicherung bei Bauvorhaben?

Für Laien sind die rechtlichen Grundlagen rund um die Beweissicherungen auf der Baustelle meistens verwirrend. Hier haben wir für Sie einige der wichtigsten Punkte zusammengefasst. Hinweis: Wir erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit bzw. Rechtsberatung. Kontaktieren Sie im Zweifelsfall Ihren Anwalt.

Privatgutachten

  • Erfolgt eine Beweissicherung vor Baubeginn (bzw. nach Abschluss der Arbeiten), ist rechtlich von einem privaten Beweissicherungsverfahren die Rede, wenn der Schadensfall außergerichtlich geklärt wird.
  • Die Dokumentation bzw. das Gutachten wird dabei von durch die Auftraggeber:innen beauftragte Personen oder Unternehmen erstellt.
  • Es handelt sich also um kein gerichtlich beauftragtes Gutachten im Sinne von §402 ZPO (Zivilprozessordnung) ff.
  • Ein Privatgutachten wird somit vor Gericht lediglich als qualifiziertes Dokument betrachtet, dass eine außergerichtliche Lösung unterstützt.

 

Lesetipp: Die 6 besten Baudokumentationsoftwares im Vergleich

Selbstständiges Beweisverfahren

  • §485 ZPO sieht die Möglichkeit eines sogenannten selbstständigen Beweisverfahrens vor. Darunter versteht man, wenn das Gericht gemäß §404 ZPO einen Schadensfall durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen begutachten lässt.
  • Dadurch kann eine Partei Beweise sichern, bevor der eigentliche Rechtsstreit beginnt
  • Das Hauptziel dieses Verfahrens ist die schnelle Sicherung von Beweisen, um deren Verlust durch langwierige Gerichtsprozesse zu vermeiden.
  • Das im Verfahren erstellte Gutachten kann eine Grundlage für eine außergerichtliche Einigung bieten und dient im Falle eines Gerichtsverfahrens als wichtiges Beweismittel.

Umfang und Ablauf der Beweissicherung im Bau

Welche Fakten auf der Baustelle konkret erfasst werden, hängt im Wesentlichen davon ab, ob es sich um die Erfassung von Sachverhalten vor Baubeginn oder um die Erfassung des Zustands nach erfolgten Arbeiten handelt.

Wichtige Punkte bei der Beweissammlung vor Baubeginn

  1. Die Erhebung des IST-Zustandes vor Beginn der Bauarbeiten beginnt üblicherweise mit dem Baugelände. Je nach Art der geplanten Arbeiten umfasst sie zum Beispiel das Erfassen des vorhandenen Baumbestandes oder rutschgefährdeter Hangabschnitte.
  2. Wenn von den geplanten Bauarbeiten auch Nachbargebäude betroffen sein können, erfolgt mit Einverständnis des Nachbarn auch die Begutachtung des Objekts von innen und außen (eine detaillierte Auflistung der einzelnen Punkte folgt im nächsten Abschnitt). 
  3. Auch der Zustand von Straßen und vorhandenen Wasser-, Gas- und Stromleitungen fließt in die Beweissicherung vor Bauvorhaben mit ein. Diese können zum Beispiel durch den Einsatz schweren Geräts oder im Zuge von Erdarbeiten Schaden nehmen.

Wichtige Punkte bei der Beweissammlung rund um Bauschäden

  1. Beobachtung und Dokumentation von Verformungen an Bauteilen.
  2. Exakte Erfassung von Rissen hinsichtlich ihres Verlaufs, der Breite und eines eventuellen Versatzes der Rissufer.
  3. Erfassung der Lage und des Ausmaßes von Putzablösungen sowie von Ablösungen bei Wandbekleidungen und Bodenbelägen.
  4. Überprüfung von Fenstern, Türen, Rollläden/Jalousien und Toren auf ihre Funktionalität.
  5. Visuelle Bewertung der Lage und des Ausmaßes von Feuchtigkeitsschäden und Ausblühungen.
  6. Feststellung von Glasbrüchen.
  7. Überprüfung der Funktionalität haustechnischer Anlagen wie Heizung, Lüftung, Sanitär, Elektrik und Aufzüge.
  8. Inspektion des Zustands von Leitungen und Geräten.
  9. Nach Möglichkeit Ermittlung der konkreten Ursachen für einzelne Schäden.
  10. Abgabe von Stellungnahmen zu notwendigen Maßnahmen der Schadensbeseitigung.
  11. Eventuell Schätzung der voraussichtlichen Kosten für die schadensbeseitigenden Maßnahmen.

 

LESETIPP: Anleitung Beweissicherungsverfahren Bau – 6 Schritte zur richtigen Beweissicherung

Wer ist in die Beweissicherung auf der Baustelle involviert?

Es gibt mehrere Personen bzw. Fachleute, die potenziell an einer Beweissicherung vor Baubeginn beteiligt sind – abhängig davon, ob es sich um ein Privatgutachten oder ein gerichtlich beauftragtes Gutachten handelt.

Auftraggeber:in

In den meisten Fällen beauftragen Bauherr bzw. Baufrau die Beweisaufnahme um unberechtigten Ansprüchen der Nachbar:innen mit einem Privatgutachten vorzubeugen, bzw. um beim Auftreten von Schäden und Baumängeln über eine Dokumentation zu verfügen.

Nachbar:in

Nachbar:innen beauftragen ein Privatgutachten in der Regel nur dann, wenn sie einen möglichen Schaden befürchten, die Auftraggeber:innen jedoch selbst keine Beweisaufnahme veranlasst haben. 

Bauunternehmen

Ein Sonderfall sind Bauunternehmen, die eine Beweissicherung auf der Baustelle herbeiführen um durch die Bautätigkeiten verursachte Schäden oder Mängel abzugrenzen.

Architekt:innen und Ingenieur:innen

Architekt:innen und Fachingenieur:innen treten als Beweissichernde auf. Sie können dies entweder im Zuge eines Privatgutachtens im Auftrag der Auftraggeber:innen tun, oder wenn sie vom Gericht als Bausachverständiger für ein selbstständiges Beweisverfahren eingesetzt werden. Sie verfügen über die notwendigen Qualifikationen, um Vorschäden zu beurteilen und einzuordnen sowie um baubedingten Schäden nach Auftritt bewerten zu können. 

Lesetipp: Wie Sie mit Apps für die Baustellendokumentation alle Fakten schnell und effizient erfassen

Was kostet die Beweissicherung auf der Baustelle?

Erfolg die Beweissicherung durch einen Bausachverständigen gilt folgende Faustregel: Pro Arbeitsstunde kostet ein Bausachverständiger 70 bis 300 Euro. Die Höhe des Stundensatzes wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst wie Sachgebiet, vorliegender Fall, Komplexität. Hinzu kommen eventuell noch Fahrspesen und die Kosten für die Anfertigung der Dokumentation.

Beweissicherung am Nachbargebäude: Wichtige Fragen und Antworten

Das Nachbarrecht ist Teil des Sachenrechts und definiert grundsätzlich die unbedingte Verfügung des Bauherrn über sein Haus bzw. Gebäude. Allerdings unter der Vorwegnahme, dass umliegenden Gebäuden dabei keine Schäden entstehen. Doch genau das legen Bauarbeiten nahe. Kommt es zum Schaden durch Bauauswirkungen, sind Konflikte zwangsläufig vorprogrammiert. Aus diesem Grund ist eine genaue Erkundung des Bauumfeldes inklusive Beweissicherung am Nachbargebäude angeraten.

Wie soll die Bestandsaufnahme mit dem Nachbarn abgestimmt werden?

Grundsätzlich sollten Sie Nachbar:innen frühzeitig von den geplanten Bauvorhaben in Kenntnis setzen. Geben Sie Auskunft darüber, welche Arbeiten zu erwarten sind und auch, welche möglichen Risiken dadurch für sein Grundstück, Grünflächen, und Objekt entstehen können. Bringen Sie die Beweissicherung von Baubeginn zur Sprache. Erfolgt das Einverständnis, führen Sie die Erhebung des IST-Zustandes selbst, oder mit Hilfe eines Bausachverständigen oder anderen Experten im Beisein des Nachbarn durch. Wichtig: Übermitteln Sie die fertige Dokumentation auch dem Nachbarn.

Muss der Nachbar einer Bestandsaufnahme vor Baubeginn an seinem Objekt zustimmen?

Nein. Eine Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Erfassung des IST-Zustandes an seinem Haus oder Gebäude besteht für Nachbar:innen nicht. Ist ein Haus oder eine Wohnung vermietet, müssen nicht nur die Eigentümer:innen sondern auch die Mieter:innen einer Beweissicherung vor Ort zustimmen.

Was tun, wenn der Nachbar unkooperativ ist?

Erhalten Sie von den Anwohner:innen keine Erlaubnis für eine Beweissicherung am Nachbargebäude, können Sie vor Gericht die Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens anstreben. Dieses ist allerdings mit Kosten und einem meist erheblichen Zeitaufwand verbunden.

In jedem Fall möglich ist eine Beweissicherung von Sachverhalten und Schäden, die von öffentlich zugänglichen Flächen aus einsehbar sind. Von diesen Flächen aus dürfen Sachverhalte auch als Fotos oder Videos aufgezeichnet werden.

Was passiert, wenn Schäden an einem Objekt auftreten, für die zuvor kein Zutrittsrecht zur Beweisaufnahme bestand?

Wenn Schäden an einem Gebäude auftreten, für das die Nachbar:innen den Zutritt für eine Beweisaufnahme vor Baubeginn untersagten, hängt es von der Art der Schäden ab, ob Bauherr / Baufrau, oder die Gebäudeeigentümer:innen die Verantwortung tragen. Wenn die Schäden zu den typischen Schadensbildern zählen und zeitnah zu den Bauarbeiten auftraten, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Auftraggeber:innen in der Verantwortung stehen.

LESETIPP: Selbstständiges Beweissicherungsverfahren bei Baumängeln – So geht’s richtig!

Ein Beispiel aus der Praxis: Schäden am Nachbargebäude durch Verdichtungsarbeiten

Wie wichtig eine frühzeitige Bestandsaufnahme im Bauwesen ist, zeigt sich oft bei Projekten im städtischen Raum. Eine Baumaßnahme innerhalb der Stadt bringt besondere Hindernisse mit sich: Viel Verkehr, wenig Platz und oft anliegende Nachbarn. Im Zuge der Urbanisierung steigt die Versorgungs- und Entsorgungsleistung der Kommunen stetig an, was den Großteil der Tiefbauarbeiten in den innerstädtischen Bereich verlagert. Die direkte Nähe zu Nachbargebäuden stellt einen wesentlichen Faktor an die Beweissicherung und impliziert Rahmenbedingungen, die bei Missachtung im schlimmsten Fall zum Baustopp führen.

Das Problem: Da der eigentliche Bauprozess schon aufwändig genug ist, beschäftigen sich Planer und Bauleiter häufig nur mit dem Bau an sich. Ein Augenmerk auf die Beweissicherung wird oft erst im Zuge der Ausschreibung geworfen und das auch eher mit einer allgemeinen Position „Beweissicherung an benachbarten Bauwerken“. In dieser Überlegung fehlen meistens eventuell notwendige Veränderungen der Bautechnologie oder der eingesetzten Baumaterialien, was an dieser Stelle bereits zu einer ungenauen Bestandsaufnahme führen kann.

Was passiert, wenn die Beweissicherung von Baubeginn mangelhaft ausfällt, zeigt der folgende Fall. Ein Generalunternehmer bekam die Zusage für innerstädtische Straßen- und Tiefbauarbeiten. Im Laufe der Bauarbeiten beauftragte der öffentliche Bauherr eine Beweissicherung. Die technische Dokumentation an der Nachbarbebauung wurde vom verantwortlichen Ingenieur zwar ausgeführt, allerdings nur über die straßenseitigen Fassadenflächen und aus der Betrachtungsweise eines Fußgängers.

Die Obergeschosse wurden bei der Beweissicherung am Nachbargebäude nur unzureichend dokumentiert. Während der Bauarbeiten entstanden durch Erschütterungen von Verdichtungsarbeiten Risse und Schäden an Nachbargebäuden. Die benachbarten Gebäudeeigentümer legten daraufhin rechtliche Schritte ein, worauf der Bau gestoppt und Anklage auf Schadensersatz erhoben wurde. In Zuge dessen musste der Bauherr im Nachhinein beweisen, dass die behaupteten Erschütterungen zu keinerlei Schäden geführt haben. Und wer eine Beweissicherung im Nachhinein schon einmal vornehmen musste weiß, wie mühsam das sein kann.

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Solch ein Unterfangen ist niemandem zu wünschen. Doch an diesen Fall wird die Problematik bei innerstädtischen Bauaufträgen und der Vergabe der Bestandsaufnahme schnell erkenntlich. Abgesehen vom eigentlichen Bauvorhaben, wo höchste Qualität zur Vermeidung von Bauschäden gefordert wird, ist stets das Umfeld mit einzuplanen.

 

Bestandsaufnahme am Bau mit Software – effizient, günstig und unabhängig

Wir empfehlen Unternehmen und Bauleitern grundsätzlich eine Beweissicherung vor Baubeginn durchzuführen. PlanRadar eignet sich hierzu hervorragend als effizientes und zeitsparendes Tool und erspart zusätzlich die lästige Suche nach verstreuten Unterlagen und Beweisen.

Über Ihr mobiles Endgerät können Sie – und jede weitere am Bauprojekt beteiligte Person – simultan relevante Fakten wie den IST-Zustand, Schäden und Mängel erfassen. Daten werden multimedial als Notiz, Bild, Video, Tonaufzeichnung erfasst und auf digitalen Plänen oder in BIM-Modellen verortet. PlanRadar sammelt und verwaltet alle Informationen zentral auf der Plattform und ermöglicht Ihnen mit wenigen Klicks die Erstellung einer Dokumentation für die Beweissicherung. Somit vereinfachen Sie Ihr Management von Mängeln, Berichten und Statistiken und ersparen sich die gesamte Nachbearbeitung sämtlicher Beweisunterlagen. Das Ergebnis: Über 90 Prozent unserer Anwender:innen steigern mit PlanRadar ihre Effizienz. 

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Hinweis: Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit bzw. Rechtsberatung. Kontaktieren Sie im Zweifelsfall Ihren Anwalt für die Klärung gesetzlicher Sachverhalte!

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